Political Correctness als Tyrannei oder Normalität
Hallo ihr,ich habe vorhin einen sehr interessanten Artikel in „der Welt“ online gelesen.
Es ist ein Interview mit dem Psychiater Manfred Lütz. Der Artikel heißt Political Correctness als Tyrannei der Normalität.
Lütz hat das Buch „Irre“ Wir behandeln die Falschen“ geschrieben. In den Interview wird die Frage gestellt, in wie weit Psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft angekommen und akzeptiert sind.
Lütz ist erfreut, dass endlich mehr Menschen über psychische Erkrankungen aufgeklärt sind, oder sich dafür interessieren. Er führt an, dass etwa 1/3 aller Deutschen irgendwann in ihrem Leben psychisch Krank werden und die anderen 2/3 psychisch kranke Angehörige haben. Er kritisiert, dass über psychische Erkrankungen immer noch mittelalterliche Vorstellungen herrschen.
Lütz bewertet die Aufklärungsarbeit die die Witwe von Robert Enke (Fußballer) und sein Psychologe betrieben haben als positiv, denn oftmals werden psychische Krankheiten bei Selbstmorden gar nicht in Erwägung gezogen. Es wird an Stress auf der Arbeit, Probleme in der Familie oder im Freundeskreis und andere Probleme gedacht, selten jedoch an eine psychische Krankheit. Welt online fragt nach, ob nicht längst ein neues Kapitel aufgeschlagen worden ist durch die vielen Psycho- Runden im Fernsehen (Z.B. Das Grubenunglück in Chile, das auf allen Kanälen Hochkonjunktur hatte). Das jedoch sieht Lütz als negativ. Es wurden sehr viele Experten zu Rate gezogen von denen jeder Massenhaft Tipps abgab, wie die Kumpel sich nach der Befreiung fühlen und verhalten würden. Die große Solidarität der Menschen in Chile habe diese Menschen vor größeren Beeinträchtigungen geschützt. Auf die Frage ob er die Aussage „Tyrannei der Normalität“ ernst meine, antwortet Lütz das es ihm sehr ernst sei. Dass der Fall Sarrazin dies auch gezeigt habe. Lütz hat das Buch nicht gelesen, jedoch einige Rezensionen in denen einige problematische Aspekte angesprochen werden. Er kritisiert, dass das Buch zur Staatsaffäre gemacht wurde und ein Politiker, der auf einen Posten berufen ist seinen Job verliert, weil er sich öffentlich unliebsam äußert. Lütz sagt, das zeige Deutsche als Musterschüler der Political Correctness über die Nachbarländer den Kopf schütteln. Das sei die Tyrannei der sogenannten Normalität, und sie werde immer tyrannischer. Welt online fragt ob dies nicht immer so war. Lütz erinnert an den Philosophen Robert Spaemann und dass man sich in den als spießig verschrieenen 50er Jahren viel freier äußern konnte als heute. Das sei nicht sehr gesund für den öffentlichen Diskurs. Reden von Politikern werden fast nur noch nach dem Aspekt abgesucht, ob bitte gesagt wurde, ob nichts „falsches“ gesagt wurde oder etwas nicht gesagt werden durfte. Politikmüdigkeit sei bei dieser Entwicklung schon fast ein Zeichen des guten Geschmacks. Die Welt kritisiert, dass das nach Kabarett klinge, wo Lütz mit diesen Thesen auftritt. Sie fragt, ob es nicht sehr gewagt sei, wenn der Chefarzt eines psychiatrischen Krankenhauses über so ein Thema Witze mache. Lütz meint dazu, dass Lachen gesund sei und sogar heilen könne. Vor 30 Jahren habe er eine Gruppe von Behinderten und nicht behinderten Jugendlichen gegründet und von ihnen gelernt, dass Behinderte geradezu ein Recht darauf habe, dass man über sie lacht, wenn sie witzig sind. Er sagt außerdem, dass Menschen, die ihre Außergewöhnlichkeit offen leben meist erheblich interessanter sind als alle Normopathen, die so normal sind, dass es weh tut. Welt online will daraufhin wissen, ob nicht alle psychisch kranken Recht auf Ernst haben. Lütz meint dazu, das dass Problem ist, dass über diese Menschen meistens nur bei Feierstunden gesprochen wird. Damit würden sie aber aus der Normalgesellschaft ausgegrenzt, denn so erreiche man nur die üblichen Verdächtigen. Lütz Ziel ist es unterhaltsam, allgemeinverständlich und so knapp wie möglich alle psychischen Krankheiten dar zu stellen. Ein alerter Manager, der nie ein Psycho- Buch in die Hand nehmen würde, und das nun liest, weil es ein unterhaltsamer Bestseller ist, würde danach vielleicht zum ersten Mal seinen schizophrenen Vetter anrufen, weil er jetzt weiß, dass dieser gar nicht so verrückt sei wie er dachte.
Welt online fragt nach, ob das Buch eine Art Therapie oder ein Rezept sei. Lütz antwortet darauf, dass es zuerst zur Eigen- Therapie sei. Tatsächlich haben ihm aber auch Patienten geschrieben, sie hätten zum ersten Mal ihre eigene Krankheit verstanden. Auch Angehörige schreiben Lütz, dass sie nun ihre Lieben besser verstehen würden und ihnen gewisse Dinge verzeihen können. Z.B über die These, dass die Eltern an allem Schuld seien. Dies ist nun schon lange widerlegt, spukt aber immer noch in Köpfen umher. Lütz wird gefragt, wieso er außer Medizin auch Philosophie und Theologie studierte. Ob er Psychotherapeuten Seelsorger hätte werden wollen. Dieser antwortet jedoch darauf, dass das Gegenteil der Fall sei. Er ist dafür, beides zu trennen. Psychotherapie ist eine künstliche, zielgerichtete und manipulative Beziehung auf Zeit für Geld. Weder Liebe noch der Sinn des Lebens seien für Geld zu haben. Seelsorge sei eine existenzielle Beziehung bei der sich der Seelsorger nicht hinter Methoden verstecken dürfe, sondern mit seinem Glauben dem anderen ein echtes gegenüber sein müsse. Wer dies verbinde, laufe Gefahr, zum Guru zu werden und Anhänger zu produzieren. So etwas konnte man Bei Eugen Drewermann und bei Pfarrer Fliege beobachten. Sie sollten sich selbst eigentlich überflüssig machen. Der Seelsorger sei dann gut, wenn er sich selbst durchscheinend macht und für den Glanz Gottes und die Menschen nicht durch sich selbst blendet. Ein Psychotherapeut ist dann gut, wenn er möglichst schnell dafür sorgt, dass sich der Scheinwerfer der Aufmerksamkeit auf die Fähigkeit und Kräfte des Patienten richtet, die dieser ausgeblendet hat, weil er bloß noch seine Probleme und Defizite sah. Welt Online fragt zu letzte, wie Lütz damit klar komme, dass seriöse Wissenschaft und Wunderglaube sich gegenseitig ausschließen. Er antwortet darauf, dass es so nicht ist. Er habe manch mal den Eindruck, Theologen hätten viel mehr Probleme mit Wundern als Wissenschaftler. Im Grunde sei es aber genau umgekehrt. Wissenschaftler seien niemals nur Buchhalter ihres Wissens, sondern sie wissen, dass es etwas jenseits der Grenzen des Horizontes ihres Wissens gibt.
Quelle: http://www.welt.de/debatte/a … yrannei-der-Normalitaet.html
Ich fand das Interview sehr gut und dachte mir, dass es vielleicht einige von euch interessieren könnte, darum habe ich diese Zusammenfassung geschrieben. Sie ist länger als es sich für eine Inhaltsangabe gehört, das weiß ich selbst, aber wir sind hier nicht in der Schule und ich wollte so viel wie nur möglich aus dem Interview in meinem Text verpacken.
Endlich fertig! Ich bin seit ewigkeiten aus der Schule raus und jetzt schreibe ich doch wirklich noch mal eine Inhaltsangabe aus "der Welt". Ja ja, wenn mein Lehrer das wüsste... er würde mir die 2 wieder weg nehmen wenn er das sieht rofl